„Living Sculptures“ sind Bronzeskulpturen, die zwar nach traditionell-ästhetischer Art gestaltet sind, aber dennoch essentiell Jankowski´s rigoros-konzeptuellem Ansatz entsprechen.
Gespräche mit professionellen Strassenschaustellern aus Barcelona, die als „Lebende Skulpturen“ in absolutem Stillstand verharrend, bemalt wie Metall, sich dem fotografierenden Touristenpublikum präsentieren, inspirierten Jankowski zu lebensgrossen Bronze-Modellen dieser Charaktere: „Che Guevara“, „Salvador Dali´s anthropomorphic cabinet women “ und ein römischer Legionär, der sich selbst als „Caesar“ bezeichnet.
Vertraut mit unserem kulturellen Bewusstsein, eröffnen sich faszinierende Fragen über den Übergang älterer Produktionsmodi, die den Künstler in den Mittelpunkt stellten, zu einer aktuellen medienbesessenen und publikumsgetriebenen Kultur.
Che´s Erhebung zur Bronze Statue kommentiert sein Image als Popstars, das gleichermaßen für politische Radikale, wie für den Massentourismus verfügbar zu sein scheint. Auch das Erbe Dali´s hat tiefen Einfluss auf den Appeal, den Barcelona auf die Touristen ausübt; die Verwandlung seiner surrealen Bilder in Straßenspektakel und weiter in echte Bronzeskulpturen lädt zu Spekulationen über künstlerische Autorenschaft und Aneignung ein. In der Ausstellung wird „Salvador Dali’s antropomorphic cabinet woman“ gezeigt.
Im Zentrum der Ausstellung steht „Kunstmarkt TV“.
Das Video “Kunstmarkt TV“ entstand anläßlich einer, auf der „Open Space“ der Art Cologne 2008 von der Galerie Meyer Kainer organisierten Veranstaltung: In einem auf der Messe installierten Studio wurde auf „Vernissage TV“ eine Teleshopping Sendung von zwei professionellen Moderatoren präsentiert, in der Originalkunstwerke prominenter Künstler dem Fernsehpublikum zum Kauf angepriesen wurden.
Gerrit Gohlke: „Die Vorankündigung klang wie ein satirischer Vernichtungsschlag: Ein Künstler würde auf einer traditionsreichen Kunstmesse eine Verkaufssendung installieren. In einer Performance würden zwei Darsteller Werke anbieten, wie sonst das Verkaufsfernsehen widerstandslosen Hausfrauen Tischstaubsauger oder Gesichtscremes alternder Schauspielerinnen anzudrehen pflege. In unerschöpflichen Dialogen voller Überbietungsformeln, euphorisierender Standardfloskeln und aggressiver Erweckungsrhetorik würde eine einfache Rechnung aufgemacht. Kunst wäre in dieser Gleichung auf einem ungebremsten, seine Regeln selbst definierenden Markt so etwas Ähnliches wie der willkürlich überbewertete Tischstaubsauger.
Quälend peinlich und bis zur Verzückung erheiternd ließ Jankowski sein Verkäuferduo – die mit dem Ramschfernsehen vertraute ehemalige Sonnenklar.tv-Verkaufsmoderatorin Khadra Sufi (heute Kabel1) und den Messe- und Eventsprecher John Dalke (ein früherer Musikwissenschaftler mit gediegener Erfahrung in der Firmen- und Messepromotion) – die Kunstwerke in die Kamera halten, Künstler befragen und Details bewerben. Werke von Jeff Koons, Franz West, Heimo Zobernig, Liam Gillick u.a. sowie eine Arbeit des gutgelaunten Jankowski selbst erschienen nicht als herabgewürdigte Objekte aus einer anderen Welt, sondern als Angebot mit Stärken und noch mehr Schwächen.
Wer Jankowski’s Aktion als Satire beschriebe, müsste ganz grundsätzlich die Methode dieses Künstlers verfehlen, der sich zu seinem regelmäßig wiederkehrenden Thema – der Sprachlogik und Bildsprache in interaktiven Fernsehformaten – nicht minder nett verhält als Dalke und Sufi zur Kunst.
Jankowski’s virtuoses Werkzeug ist nicht die schmähende Parodie, sondern die bis zur Schmerzhaftigkeit freundliche Angleichung der getrennten Welten. Seine Medienkritik ist die herzliche Umarmung. Jankowski flirtet mit den Formaten.
Jankowski’s Kunst macht sich mit Khadra Sufis angestammtem Einsatzgebiet gemein und erlernt und reproduziert so die Gesetze der kommerziellen Surrogatwelten, die uns umgeben, mit schneidender Effizienz. Jede Minute Medienkritik in diesen Videos und Performances ist deshalb immer auch eine Reflexionsminute Kunstkritik. Jede Sendeminute „Kunstmarkt TV“ ist auch eine Realminute Hochkunstreflexion – nicht weil das eine Medium die Allegorie für die Verderbtheit des anderen wäre, sondern weil Kunst in der Mediengesellschaft permanent daran leidet, die Objekte ihrer Kritik mit tradierten Mitteln nicht einholen zu können.
Der unhintergehbare Effekt dieser Kunst ist einzig dieser eine hervorstechende Erfolg: Dass sie die Medienwirklichkeit aufgesaugt, sich vampiristisch angeeignet hat.“
Eine zweite Videoarbeit ist „ Puppet Conference“, die 2003 für das Carnegie Museum of Art in Pittsburgh entstanden ist.
Fozzie Bear, Grover, Lamb Chop und andere TV-Puppenstars halten vor prominentem Puppenpublikum unter der Moderation von Art Cat, dem Maskottchen des Carnegie Museum of Art, ein Symposium ab. Internationale „special guests“ werden zum Teil per Videokonferenz live eingeschaltet. Nach einer kurzen Einführung zur Evolutionsgeschichte der Puppe seit der Venus von Willendorf stellt Art Cat Fragen an seine Gäste, die Themen wie Berühmtheit, Berufung, zu vermittelnden Botschaften und Privatleben kreisen.
Dabei geht es um die Identität der Puppen im Verhältnis zu ihren menschlichen Produzenten und Stimm-Gebern ebenso wie um die Relation zwischen Spiel, Schein und Wirklichkeit als Show- und TV-Star, als Werbe-Maskottchen oder erzieherisches Leitbild.