Idiosyncratic Abstractions
1 e
Upon awakening only fragments of a fading, disappearing dream remain, images and voices are already lost. Who is this I, and what is this ego that speaks, writes, paints, thinks, if not always with one foot in another’s shoe? An ego lets the words slip out slowly as the breath leaves the mouth. Edith’s pictures, Edith, Edith, the air rubs along the surface of the tongue, which curves slightly under the palate. The lips are a bit tight; if the lips relax, the breath only hits the tip of the tongue. Repeating and repeating the same thing, the meaning shifts slightly through the infinitesimal discrepancies of the unvarying: Edith, edith, edit, edith-ing. The ego edit(h)s the elliptical and fragmented words and sentences. The text tries to follow the thoughts that seek to put into words the contradiction between simultaneous abstraction and concretion—but how does a contradiction present itself other than through itself?
2 d
Edith Deyerling’s approach to painting is a door that she has painted herself. The bell on this door reads ‘Edith Deyerling.’ Edith rings Edith’s doorbell, sometimes there is only a door but no bell, sometimes a bell without a door, and sometimes Edith opens the door. The paintings produce rather than imitate; they reflect not reality but the impossibility of its representation. It is therefore not the truth of the representational reality that is of interest, but the changes in the representation of the perceivable. The familiar slowly fades away, contours blur, and the world slowly disappears from view. Abstraction is an effect of affect—it is not pure, nor does reduction offer a universality that extends beyond body, time, and space.
3 i
Edith’s paintings circle and close in upon a concrete here and now, that only listens to, belongs to, obeys her, and yet only exists in exchange, connection, and contact with an outside, an other, an imagined somebody. This is a form of abstraction different from a virile modernism striving for essence and universal validity, whose pretense to universality verges on the ridiculous and thereby leaves no room for humor or contradiction. But isn’t the claim of universality itself a joke—to assert a language that everyone can understand, when the individual subject seems unable to know or understand her own speech? And is a language spoken by just one person still a language? An abstraction without hierarchy, without hegemony, without pretense to readability. It moves not toward the general, but rather in the opposite direction. Edith’s paintings translate the abstraction of experience into the abstraction of its representation. Almost like a story told in an unfamiliar language, in which the unfamiliar sounds grow concrete and a new narrative unfolds in their rhythm and melody.
4 t
The question of representation is a theoretical, aesthetic, ethical one concerning the situatedness of the speaking, perceiving, thinking subject—everything is reflected back upon itself. There seems to be no possibility to express something that could be understood by another, because everyone stays within her own situatedness. One must therefore recognize situatedness itself as something that is always dependent on an externality, open to an other and at the same time standing by and in difference to oneself. The mapping of the imagination, of coincidences and simultaneities, preserves an idiosyncrasy of thought, which, in its ephemeral existence, is always in the process of evaporating. The sun is reflected in the windows of the building out back and falls upon the table. Diffraction is a mapping of interference, not a repetition, reflection, or reproduction. A diffraction pattern does not map the location of difference, but the effects of difference. Diffraction does not have a fixed pattern, rather it is a repetitive reconfiguration of interlocking patterns. It is of the moment; there is no absolute separation of here and now—nothing is new, nothing is not new. In a permanent state of constant displacement there is no binary difference.
5 h
One can only stand exactly where one is. The body does not lie; language is the body and in its positivity there are no lies because everything is real. Meaning is physical and the body does not exist independent of meaning. Indeterminacy is not a state, but a movement that effects the continual return of that which has been excluded. Space and time are constantly being reconfigured, they do not exist outside of a specific moment, their validity is not universal, but exist only in the specificity of the moment of personal experience. Edith’s paintings cavort around the thrones of supposed great masters, laughing in the face of the idea of genius. They are abstract as well as concrete in their exuberance and their almost inconspicuous smallness, and, hidden in the tiny gap in between, are laughing at themselves—for what is an ego in view of an infinitude of impossible possibilities?
written with the voices of Kathy Acker, Karen Barad, Kazimir Malevich by Bellu&Bellu
Idiosynkratische Abstraktionen
1 e
Im Aufstehen nur noch Fragmente eines verbleichenden, sich verflüchtigenden Traums, schon ohne Bilder und ohne Stimme. Wer ist dieses Ich, und was schon ist dieses Ich das hier spricht, schreibt, malt, denkt, wenn nicht immer schon mit einem Fuß im Schuh eines anderen? Ein Ich lässt die Wörter langsam mit der Luft aus dem Mund gleiten. Ediths Bilder, Edith, Edith, die Luft reibt entlang der Oberfläche der Zunge, die sich leicht unter dem Gaumen krümmt, die Lippen sind ein wenig gespannt; entspannen sich die Lippen, trifft der Lufthauch nur noch auf die Spitze der Zunge. Das Gleiche wiederholend und wiederholend, verschiebt sich in der infinitesimalen Differenz des ständig Gleichen leicht der Sinn: Edith, edith, edit, edith-ieren. Das Ich edith-iert die elliptischen und fragmentierten Worte und Sätze. Der Text sucht den Gedanken zu folgen, die den Widerspruch zwischen gleichzeitiger Abstraktion und Konkretion in Worte zu fassen suchen—aber wie stellt sich ein Widerspruch dar, anders als durch sich selbst?
2 d
Edith Deyerlings Zugang zur Malerei ist eine Tür, die sie selbst malt. Das Klingelschild an dieser Tür liest sich Edith Deyerling. Edith klingelt bei Edith, manchmal ist da nur eine Tür aber keine Klingel, manchmal eine Klingel ohne Tür und manchmal macht Edith die Tür auf. Die Bilder produzieren, anstatt zu imitieren; sie geben nicht die Realität wieder, sondern die Unmöglichkeit ihrer Repräsentation. Deshalb interessiert die Wahrheit der gegenständlichen Realität nicht, aber die Veränderungen in der Darstellung des Wahrnehmbaren. Das Bekannte verbleicht langsam, die Konturen verschwimmen und langsam verschwindet die Welt aus dem Blick; Abstraktion ist ein Effekt des Affekts—sie ist nicht pur, noch liegt in der Reduktion ein Universalismus jenseits von Körper, Zeit und Raum.
3 i
Ediths Bilder umkreisen und nähern sich einem konkreten Jetzt und Hier, einem Hier-Sein, das nur ihr zuhört, gehört, gehorcht und das doch nur in Austausch, Verbindung und Berührung mit einem Außen, einem anderen, einem gedachten Jemand existiert. Das ist eine andere Form der Abstraktion, als die einer virilen Moderne, die nach Essenz und Universalismus strebt und in der es keinen Platz für Witz und Widersprüche gibt, weil ihr eigener Anspruch fast schon bis zur Lächerlichkeit Allgemeingültigkeit behauptet. Aber ist nicht schon der Anspruch eines Universalismus selbst ein Witz—eine Sprache, die jede verstehen kann zu behaupten, wo doch das einzelne Subjekt nicht in der Lage zu sein scheint, das eigene Sprechen zu kennen, noch zu verstehen? Und ist eine Sprache, die nur von einer Person gesprochen wird, noch eine Sprache? Eine Abstraktion ohne Hierarchie, ohne Hegemonie, ohne Anspruch auf Lesbarkeit. Sie macht nicht eine Bewegung hin zum Allgemeinen, sondern bewegt sich in die entgegengesetzte Richtung. Ediths Bilder übersetzen die Abstraktion der Erfahrung in die Abstraktion ihrer Repräsentation. Fast wie eine Geschichte in einer unbekannten Sprache, in der die unbekannten Töne konkret werden und sich in ihrem Rhythmus und ihrer Melodie eine neue Erzählung entfaltet.
4 t
Die Frage nach der Repräsentation ist eine theoretische, ästhetische, ethische der Situierung des sprechenden, wahrnehmenden, denkenden Subjekts—alles bleibt auf sich zurückgeworfen und es scheint, als gäbe es keine Möglichkeit etwas auszudrücken, was einer anderen verständlich wäre, weil jede in ihrer eigenen Situierung sitzt. Man muss also Situierung selbst als etwas verstehen, das immer abhängig von einem Außen, offen für andere und gleichzeitig zu sich selbst und in Differenz zu sich steht. In der Kartierung der Imagination, der Zufälle und Gleichzeitigkeiten erhält sich eine Eigentlichkeit des Denkens, die sich in seiner ephemeren Existenz immer schon verflüchtigt. In den Scheiben des Hinterhauses spiegelt sich die Sonne und fällt auf den Tisch. Beugung ist eine Kartierung von Interferenzen, nicht eine Wiederholung, Widerspiegelung oder Wiedergabe. Ein Beugungsmuster kartiert nicht den Ort der Differenz, sondern die Effekte von Differenz. Beugung hat kein festes Muster, es ist vielmehr eine sich wiederholende Rekonfigurierung von sich miteinander verschränkenden Mustern. Es ist in der Zeit, es gibt keine absolute Trennung von hier und jetzt; nichts ist neu, nichts ist nicht neu—in einem permanenten Zustand ständiger Verschiebung gibt es keine binäre Differenz.
5 h
Man steht nur genau dort, wo man ist. Der Körper lügt nicht; die Sprache ist der Körper und in seiner Positivität gibt es keine Lügen, weil alles real ist; Bedeutung ist körperlich, und der Körper existiert nicht getrennt von Bedeutung. Unbestimmtheit ist kein Zustand, sondern eine Bewegung durch die das Ausgeschlossene immer wieder zurückkehrt. Raum und Zeit werden immer wieder neu konfiguriert, sie existieren nicht außerhalb eines konkreten Augenblicks, sie haben keine universelle Gültigkeit, sondern nur in der Konkretheit des gelebten Augenblicks der eigenen Erfahrung. Ediths Bilder laufen um die Throne vermeintlich großer Meister herum, lachen der Idee von Genie ins Gesicht und sind abstrakt wie konkret in ihrem Übermut und in ihrer nahezu übersehbaren Kleinheit und lachen, versteckt im winzigen Spalt dazwischen, über sich selbst—denn was ist ein Ich in Anbetracht einer Unendlichkeit von unmöglichen Möglichkeiten?
geschrieben mit Stimmen von Kathy Acker, Karen Barad, Kasimir Malewitsch von Bellu&Bellu