Als erster Österreicher wurde Franz West 2011 mit dem Goldenen Löwen von Venedig für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Zu ihrer Biennale-Ausgabe hat Direktorin Bice Curiger Franz West gebeten, einen Para-Pavillon zu gestalten, der bei West nichts anderes ist als seine Wiener Küche, die er im Arsenal nachgebildet hatte. Auf den Wänden stellte er Werke von 20 befreundeten Künstlern aus, gleichermaßen Renommierten wie Unbekannten. Das erzählt viel über den demokratischen Prozess seines Kunstschaffens. Er schenkt anderen Künstlern in seinem Pavillon Beachtung, stellt sie im internationalen Teil aus. Seit jeher überprüft West die Zone zwischen Kunst und Alltag. “Wenn sie an Joseph Beuys denken”, so Nicholas Serota, Direktor der Tate Gallery in London, “und an das Ideal der sozialen Skulptur, dann ist es das, was Franz West auf ein anderes Level gebracht hat.”
Schon früh wendet sich West von der Malerei ab, da er – so der Künstler – in einer zweidimensionalen Welt nicht vorhanden sein kann. Selbst ein Teil seiner Kunst zu sein, in einem dreidimensionalen Raum durch seine Anwesenheit eine vierte Dimension zu schaffen – so entstanden Mitte der 1970er Jahre die „Passstücke“; Skulpturen mit Gebrauchswert, die jeder seinem Belieben entsprechend in Relation zum eigenen Körper bringen konnte.
West widmet sich in den letzten Jahren mehr und mehr exklusiv der Skulptur, die zunehmend an Größe gewinnt und sich den Problemen des Außenraumes stellt, wobei er die von ihm intendierte spannungsreiche Interaktion zwischen Betrachter und Objekt fortsetzt.
Seine Ausstellung in der Galerie Meyer Kainer trägt den Titel EPIPHANIEN.
Im Eingangsraum der Galerie zeigt er die Installation „Epiphanie an Stühlen“: Eine Sputnik-förmige Papiermaché-Skulptur schwebt wie eine gleichsam biblische Erscheinung über zwei Stühlen, die ihrerseits eine komfortable Betrachtung aus verschieden Blickwinkeln ermöglichen.
Doch Pathos liegt West nicht – eher schon das Unvollkommene, das Unfertige und die Widersprüchlichkeit. Seit den späten 1970er Jahren verfolgt West konsequent den Spagat zwischen philosophischem Ernst und feiner Ironie auf hohem Niveau.
In der Ausstellung „Epiphanien“ entwirft er gewissermaßen ein Gegenkonzept zu dem des allmählich mündig werdenden Individuums, das die Vorstellung der universalen Bildung propagiert – des rationalen Verstehens und auch der Einfühlung. Dem stellt er das Konzept des plötzlichen, emphatischen Aufschwunges, den Joyce als »Epiphanie« bezeichnet hat, entgegen und der, wie Roger Willemsen meint, einen völlig neuen Glückstypus artikuliert. Der wird dann bei Hofmannsthal als mystische Verschmelzung mit Gott identifiziert oder bei Benjamin oder bei Proust in der berühmten »Madeleine-Episode«, wo Raum und Zeit zusammenfließen in dem Augenblick, in dem ein Sandgebäck in eine Tasse Lindenblütentee getaucht wird und plötzlich alle Bilder, die jemals in diesem Madeleine-Törtchen gespeichert waren, befreit werden. Plötzlich wird das bürgerliche Glück abgelöst von diesen Momenten augenblickshaften Zusammenfahrens von Glück und Erkenntnis. (…)