Heimo Zobernig
Main gallery
May 15th 2002 – Jun 20th 2002



Ausstellungstext

Farbenlehre

Die von Zobernig anhand von Kunstwerken in einer gewissen Systematik beispielhaft vorgeführten unterschiedlichen Gelb-, Rot-, Blau-, Weiß-, und Schwarz-Werte – sowie aus ihnen erzeugte Mischfarben – in verschiedenen Medien und Erfahrungssituationen, stellen natürlich nur einen Ausschnitt aus einem wesentlich facettenreicheren Spektrum dar. Sie können aber als Aufhänger dienen, um vom unmittelbarem sinnlichen Erleben ausgehend nicht nur Reflexionen über die Rolle der Farbe als Mittel der bildenden Kunst, sondern auch weiterführende grundsätzlichere Erwägungen über Natur und Bedeutung dieses Phänomens anzustellen sowie die Möglichkeiten, auf diesem Gebiet Aussagen zu machen oder gar Grundelemente bzw. Gesetze zu finden, kritisch zu beleuchten.

Letztendlich kann man anhand dieser Werke nicht nur einmal mehr erfahren, dass Farben insofern relative Größen sind, als sich ihre Erscheinung etwa bei wechselnden Lichtverhältnissen sowie wechselnden Umgebungen – die andere farbige Nachbarschaften mit sich bringen – ändern, sondern auch nachvollziehen, dass noch aus vielen anderen Gründen von Farbe niemals in einem generellen, sondern stets nur in einem speziellen Sinn gesprochen werden kann. Farben werden einfach in verschiedenen Medien anders wahrgenommen und je nach ihrer materiellen Beschaffenheit unterliegen sie anderen Gesetzen. Abhängig vom Medium sowie technischen Aufgabestellungen gelten daher auch jeweils andere Werte für bestimmte Funktionen als besonders geeignet. So sind eben die Keying-Farben des Videos etwas ganz anderes als die Grundfarben des Drucks oder die derzeit produzierten Farben des künstlichen Lichts. Darüber hinaus wandeln sich noch die Rollen und Bedeutungen von Farbwerten im Laufe der Zeit im Gefolge technischer Entwicklungen. Und zu all dem kommt das bei Farbe besonders offensichtlich werdende Problem der subjektiven Wahrnehmung  bzw. der individuellen emotionalen Reaktionen, als Faktoren, die auch noch in sich wiederum medienabhängig differieren. Farbe ist ein besonders vielschichtiges Phänomen, das man sehr differenziert unter einer Fülle von Aspekten zu betrachten und insbesondere vor verallgemeinernden Schlüssen auf der Hut zu sein hat.

Textauszug von Eva Badura-Triska, Farbenlehre. Heimo Zobernig, Galerie & Edition Artelier Graz, 2000, Graz.