The sculpture – though originally intended for the Austrian Pavilion at the Venice Biennale 2015, Heimo Zobernig decided to not show it there – was on view for the first time at Kunsthaus Bregenz. It is the cast of a human figure composed of various, processed mannequins, displaying injuries, screw connections, and traces of production. »The figure is made a bit larger to appear real«, says Zobernig.
Penelope Curtis in her contribution to the catalog of the Venice Biennale1) quoted here in part:
Zobernig has flirted with figuration for as long as he can remember. In the twentieth century, an excellent example of this sculpture problem is the Barcelona Pavilion, an official commission which did the job of representing the German state at the Barcelona International Exposition of 1929. Its representative qualities were signalled by its luxurious materials, its promise of repose and refreshment, alongside its quality of delight and discovery.
Mies van der Rohe’s pavilion housed, and still houses, a single sculpture, by Georg Kolbe. Kolbe’s figure of Morning (1925) lifts her arms, almost tentatively, as if to shelter her eyes from the sun. It is interesting in this regard to come across a strikingly comparable work by Anton Hanak, a sculptor cited by Zobernig (and who was a predecessor as professor of sculpture at the Academy of Fine Arts in Vienna), in its central position on the staircase in Vienna’s Belvedere museum.
Mies’s choice of Kolbe’s Morning was hardly accidental. This is a sculpture which pulls up from the ground as well as sinking down into it, and which echoes the Hanak in its ambiguous energy. Zobernig’s most recent mannequin figure also echoes the ambiguity of the Kolbe and the Hanak, as well as their oddly androgynous qualities, as if their sexuality were partly effaced. Caught between rising and falling, its arms in a strange state of inertia, the pose of Ecce Homo seems to echo Zobernig’s wish to give his inert mannequin at least a potential sense of energy.
Ending (a)
The pavilion is darkened, its view confined. Its latent axiality is strengthened, and it becomes more cinematic, giving on to a screen of nature. It has no ‘content’ as such. Instead, it asks people to stop awhile, to rest their weary feet and their weary eyes. Its penumbral quality may encourage people to see it in a way that is more three-dimensional than usual. Rather than offering up three or four differentiated spaces, it solidifies one. The repetition of anterior and posterior galleries is clarified, simplified, concretized. Above us is a work that will become a sculpture when it leaves Venice for Bregenz and leaves the ceiling for the floor.
Ending (b)
After moving around the pavilion, stopping in the first long gallery, moving through the second, drawn by the garden view, and circling back, the visitor stops at the sculpture. The only obvious ‘artwork,’ the figure is a little like a cadavre exquis, put together from four parts. S/he/it proposes itself as the subject of the pavilion but instantly undermines this proposition. Combining found elements with the made, the anonymous and the authored, it is nonetheless overtly a ‘work in process’ and no help at all in answering our questions about the pavilion. Apparently there to set up some kind of equivalence with historic examples, it instead throws us back on the pavilion itself, making us want to see it ’empty,’ but equally full of ‘art.’ The very fact that it can do this so well makes me wonder how we will ever escape this hopeless need for the figure as subject and as object, this continuing impasse for sculpture.
Ending (a) + (b)
Whether or not it would be possible to provide an ending which offered (a) + (b) is questionable. Zobernig is realistic on this point, as he is about so much. He knows that Hoffmann’s building is good but not perfect. He understands its reliance on symmetry and has decided not to try to alter that. He knows it is necessary to catch his visitor, and a little off guard. A figurative sculpture, only just visible from the entrance but central to the return, will do that, and indeed this resembles the `classic’ solution to the problem posed by the classicising modernist pavilion. The figure looks, directs, holds, and extends. But if the pavilion can do this job without the sculpture, then so much the better. If it does, Zobernig may have superseded his apparent need for the figurative gesture within the staging of his space, by successfully transferring it onto the architecture and its users. If he does, he will have subsumed (b) in (a), or taken it away.
1) Penelope Curtis Secret Sculpture in Heimo Zobernig Austrian Pavilion Biennale Arte, 2015, Edited by Yilmaz Dziewior, Verlag der Buchhandlung Walther König, Cologne, p. 88 et seq.
Die Skulptur war ursprünglich für den Österreichischen Pavillon auf der Biennale von Venedig 2015 vorgesehen, kam jedoch aufgrund einer Entscheidung des Künstlers nicht zur Aufstellung. Sie war dann 2015 im KUB in Bregenz erstmals zu sehen. Es ist der Guss einer menschlichen, aus verschiedenen, bearbeiteten Schaufensterpuppen zusammengesetzten Figur. „Sie ist etwas größer hergestellt, um wirklich zu wirken“, so Zobernig.
Penelope Curtis in ihrem auszugsweise zitierten Beitrag zum Katalog der Biennale in Venedig1):
Zobernig hat immer schon mit der Figuration geliebäugelt. Ein ausgezeichnetes Beispiel für dieses Problem der Skulptur im 20. Jahrhundert ist der Barcelona-Pavillon (Anm. Architekt Mies van der Rohe), ein öffentlicher Auftrag, der dazu diente, den deutschen Staat auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona zu repräsentieren. Zeichen seiner repräsentativen Funktion waren, neben der Qualität des Vergnügens und der Entdeckung, seine luxuriösen Materialien und sein Versprechen von Ruhe und Erfrischung.
Mies van der Rohes Pavillon beherbergt bis heute eine einzige Skulptur, die von Georg Kolbe stammt. Kolbes Figur Morgen (1925) hebt ihre Arme fast vorsichtig, als wolle sie ihre Augen vor der Sonne schützen. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass man an einer zentralen Stelle des Treppenaufgangs in der Österreichischen Galerie Belvedere einem verblüffend ähnlichen Werk von Anton Hanak begegnet – ein Bildhauer, den Zobernig zitiert.
Mies’ Entscheidung für Kolbes Morgen dürfte kein Zufall gewesen sein. Diese Skulptur erhebt sich ebenso vom Boden, wie sie zu ihm hinabsinkt; in ihrer vieldeutigen Energie ähnelt sie Hanaks Werk. Auch in Zobernigs jüngster Schaufensterpuppen-Figur klingt die Vieldeutigkeit der Skulpturen von Kolbe und Hanak an, wie auch deren merkwürdige Androgynität, als wäre ihre Sexualität teilweise ausgelöscht. In Zobernigs Wunsch, seiner reglosen Schaufensterpuppe wenigstens den Eindruck potenzieller Energie zu verleihen, klingt die Haltung der Ecce Homo-Figur an, deren Arme zwischen Aufstieg und Fall in einem seltsam reglosen Zustand festgehalten sind.
Ende (a)
Der Pavillon (Anm. Heimo Zobernig auf der Biennale von Venedig) ist abgedunkelt, sein Ausblick begrenzt. Seine latente Axialität wurde verstärkt, und er wird filmischer, da er den Blick auf eine Projektionsfläche aus Natur eröffnet. Er hat keinen „Inhalt“ im eigentlichen Sinn. Stattdessen fordert er die Menschen auf, einen Moment zu verweilen und ihre müden Füße und müden Augen auszuruhen. Sein Halbdunkel wird vielleicht manche ermutigen, ihn räumlicher wahrzunehmen als üblich. Anstatt drei oder vier unterschiedliche Räume zu bieten, festigt er einen. Die Wiederholung der vorderen und hinteren Ausstellungsräume ist geklärt, vereinfacht, konkretisiert. Über uns befindet sich eine Arbeit, die zur Skulptur werden wird, wenn sie von Venedig nach Bregenz geht und die Decke verlässt, um ein Boden zu werden.
Ende (b)
Nachdem der Besucher im Pavillon umhergegangen ist, im ersten langen Ausstellungsraum Halt gemacht, den zweiten – anzogen von der Gartenansicht – durchquert hat und sich umdreht, bleibt er bei der Skulptur stehen.
Die Figur, das einzige offensichtliche „Kunstwerk“, ähnelt ein wenig einem cadavre exquis, der aus vier Teilen zusammengesetzt ist. Er/sie/es bietet sich als das Subjekt des Pavillons an, unterläuft dieses Angebot jedoch gleich wieder. Er kombiniert gefundene und angefertigte Elemente, das Anonyme und das Autorisierte, ist aber dennoch offenkundig ein „Work in Process“ und keinerlei Hilfe bei der Beantwortung unserer Fragen zum Pavillon. Er ist anscheinend dazu da, eine Art Entsprechung zu historischen Vorbildern herzustellen, und verweist uns doch an den Pavillon selbst zurück; er weckt in uns den Wunsch, ihn „leer“ und doch mit „Kunst“ gefüllt zu sehen. Angesichts der Tatsache, dass ihm dies so gut gelingt, frage ich mich, ob wir diesem hoffnungslosen Bedürfnis nach der Figur als Subjekt und als Objekt, dieser endlosen Sackgasse der Skulptur, jemals entkommen werden.
(a) + (b)
Ob es möglich wäre, ein Ende zu finden, das (a) + (b) umfasst, ist fraglich. Zobernig ist in dieser Hinsicht, wie in so vielen anderen Dingen, realistisch. Er weiß, dass Hoffmanns Gebäude gut, aber nicht perfekt ist. Er sieht, dass es auf Symmetrie beruht, und hat beschlossen, nicht zu versuchen, dies zu ändern. Er weiß, dass er seinen Besucher hineinziehen und ihn dazu etwas überrumpeln muss. Eine figurative Skulptur, die vom Eingang aus kaum erkennbar, aber für den Rückweg zentral ist, wird diesen Zweck erfüllen, und tatsächlich kommt dies der „klassischen“ Lösung des Problems nahe, das der klassizistisch-modernistische Pavillon aufwirft. Die Figur blickt, lenkt, hält und erweitert. Doch wenn der Pavillon diese Aufgabe auch ohne die Skulptur erfüllen kann, umso besser. Wenn er es tut, hat Zobernig vielleicht sein offenkundiges Bedürfnis nach einer figurativen Geste in der Inszenierung seines Raumes überwunden, indem er sie erfolgreich auf die Architektur und ihre Nutzerinnen und Nutzer übertragen hat. Wenn er dies tut, wird er (b) entweder in (a) subsummiert oder entfernt haben.
1) Penelope Curtis Die verborgene Skulptur in Heimo Zobernig Austrian Pavilion Biennale Arte, 2015, Edited by Yilmaz Dziewior, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, S. 26 ff.