Stefan Sandner
Boltenstern.Raum
Feb 27th 2013 – Mar 30th 2013

Stefan Sandner Untitled 2012 Acrylic on canvas 75 x 100 cm
Stefan Sandner Untitled 2012 Acrylic on canvas 75 x 100 cm
Stefan Sandner Untitled 2012 Acrylic on canvas 75 x 100 cm


Ausstellungstext

Kann die Hand stottern? Kann sie stottern, wenn sie gestisch informell versucht, die Figur von Buchstaben zu malen, malerisch ihre Konturen und Grenzen zu figurieren, dabei aber immer wieder abrutscht, ausrutscht, abgleitet, sich in der Leere einer Fläche verliert? BLA BLA. BLA BLA steht auf einem der neuen Bilder des Wiener Künstlers Stefan Sandner, die nicht mehr, wie frühere Arbeiten auf handschriftlichen Aufzeichnungen gefundener Notizzettel basieren, sondern vermehrt auch auf eigenem Text.

Was wird hier gesprochen, wer spricht hier wen? Spricht der Gestus die Figur der Buchstaben und Worte oder ist die Figur der Worte und Buchstaben nur eine vakante Grenze, an der sich das Gestische artikuliert und aufbricht? Stefan Sandner malt die wortsprachlichen Partikel auf einen monochromen Untergrund, manchmal direkt auf die grundierte Leinwand. Er benutzt sie einerseits als strukturelle Momente, als Formen, um die leere Fläche zu artikulieren oder zu akzentuieren. Andererseits werden die so entstandenen Bild- und Wortfragmente wieder der Irritation, dem Scheitern dieser Abbildungsfunktion ausgesetzt: Sie werden übermalt, gestisch verformt, durchgestrichen. Das Misstrauen, der Zweifel an der eindeutigen Abbildungsfunktion des Bildhaften wie des wortsprachlich Artikulierten wird gestalterischer Antrieb und Motivation.

BLA BLA. Die Sprache gerät auf all ihren Ebenen in den Sog des Missgesagten, des Ungesagten, in den Zweifel der Abbildbarkeit von Realität. Diese Skepsis wird direkt auf den gestalterischen Vorgang selbst übertragen, wenn einzelne Worte, wie z. B. “a single word almost“, direkt und wortwörtlich ausgesprochen und gemalt, dem Vorgang der Auslöschung ausgesetzt werden, dem der Durchstreichung und Übermalung.

Was zeigt sich, wenn der Gestus der Hand im Anblick der Worte unfähig zur Abbildung wird, wenn die Figur der abzubildenden Worte im Gestus der Hand sich bis zur Unkenntlichkeit verliert? Welche Kluft, welche Differenz und Uneinholbarkeit dominiert dann das eigentliche Bild. Zeigt das noch irgendetwas außer dieser Kluft und diesem Scheitern?

Eine mögliche Antwort gibt ein anderer, äußerst radikaler Sprachskeptiker, nämlich Konrad Bayer in seinem Romanfragment „der sechste sinn“ (1966): „‚la la la’, sang goldenberg. ‚bla bla bla’, antwortete braunschweiger. hierauf waren beide, braunschweiger und goldenberg, minutenlang glücklich.“

Text: Anette Freudenberger